Urlaub

Echte Entspannung gibt es im Urlaub nur, wenn die Arbeit nicht mitreist

Die Koffer sind gepackt, das Auto startklar, die Kinder seit Tagen aufgeregt – und dann klingelt das Telefon, weil der Kollege „mal schnell noch eine ganz kurze Nachfrage“ hat. Das ist kein perfekter Start in den Urlaub, leider aber ein häufiges Problem. Wer in den 1980ern oder 1990ern irgendwo in Italien auf dem Campingplatz hockte, für den war es verhältnismäßig einfach abzuschalten: Einen Fernseher gab es nicht, Internet schon gar nicht, das Festnetztelefon war zuhause geblieben und die einzige deutsche Nachrichtenquelle war vielleicht gerade einmal die überregionale deutsche Tageszeitung am Kiosk – wenn man Glück hatte. In der heutigen digitalen Welt und durch die ständige Erreichbarkeit dank Smart-Phone und EU-weitem Roaming fällt es zunehmend schwerer, die Arbeit auch wirklich zuhause zu lassen. Schnell sind noch einmal die Arbeits-Emails gecheckt und wenn es keine klaren Regeln von Unternehmensseite gibt, rufen vielleicht sogar die Kollegen oder Kunden an, weil sie eine Frage haben, Hilfe brauchen oder weil sie sich schlichtweg daran gewöhnt haben, dass man immer ansprechbar ist. Wie also soll man persönlich mit solchen Situationen umgehen? Wie kann man in einer digitalen Welt der ständigen Erreichbarkeit tatsächlich einmal abschalten?

Entspannen und Urlaub in Zeiten der Digitalisierung – aber wie?

Ein paar Tipps können grundsätzlich hilfreich sein – egal, ob man Urlaub zuhause macht oder verreist:

1. Digitaler Detox:
Arbeitscomputer und Arbeitshandy ausschalten. Wer beispielsweise seine Arbeitsemails auch im Urlaub abruft, der kann schlecht entspannen. Dann verfolgt man vielleicht eine Konversation zwischen einem Kunden und einem Kollegen, der einen ins CC genommen hat, damit man nach dem Urlaub weiß, was diskutiert wurde. Oder es kommt eine dringende Anfrage. Einmal, zweimal, dreimal, weil der Kunde die Abwesenheitsnotiz ignoriert. Dann nicht zu reagieren und die Nachricht zu ignorieren, ist schwierig. Wer die Arbeit auf dem Handy ständig im Blick behält, dem wird es schwerfallen, den Kopf abzuschalten und nicht daran zu denken, was einem am ersten Arbeitstag bereits alles an Stress erwartetet. Besser ist es, konsequent zu sein, und gleich von Anfang an das Handy auszuschalten und den Computer im Büro oder auf dem heimischen Schreibtisch zu lassen. Wer berufsbedingt doch unbedingt erreichbar sein muss, der sollte mit den Kollegen feste Zeiten vereinbaren, in denen man telefonisch oder per Email zu erreichen ist. Und an diese Zeiten sollte man sich halten.

2. Puffer am Anfang und am Ende des Urlaubs einplanen:
Oft hat man vor dem Urlaub noch viele unerledigte Dinge zu erledigen, sei es der Haushalt, wichtige private Finanzen oder schlichtweg nur das Packen der Koffer. Wer das alles noch während der Arbeitswoche erledigen muss, geht meist doppelt gestresst in den Urlaub. Das gleiche gilt für die letzten Urlaubstage: Auch hier macht es Sinn, ein oder zwei Tage einzuplanen, um private Sachen zu erledigen – zum Beispiel die Wäsche aus dem Urlaub zu waschen. Niemand sollte den kompletten Urlaub damit verbringen, Dinge aufzuholen, die sie während der Arbeitszeit nicht geschafft haben. Viele haben vielleicht auch schon die Erfahrung gemacht, dass sie gerade einen Tag frei haben und schon sind sie krank. Das passiert auch gerne einmal an Wochenenden. Das liegt an einer natürlichen Körperreaktion: Kaum beginnt der Urlaub, produziert der Körper weniger Stresshormone wie Adrenalin oder Cortison. Das ist für das Immunsystem so etwas wie ein Pausenzeichen – und das macht den Körper angreifbar. Langsam in den Urlaub zu gleiten, so dass sich der Körper daran gewöhnt, kann das ausgleichen. Und auch mental haben solche Puffertage einen Vorteil: Man kann sich ganz in Ruhe auf den Urlaub vorbereiten und beginnt den Urlaub viel entspannter, statt noch immer im akuten Stresszustand.

3. Man muss den richtigen Ausgleich finden
. Und der ist sehr individuell. Wer beispielsweise den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt und überwiegend mit dem Kopf arbeitet, hat oft ein größeres Bedürfnis, sich im Urlaub zu bewegen und den Kopf einmal abzuschalten. Ein Ausflug in die Natur kann helfen, wenn man zum Beispiel immer in städtischer Umgebung unterwegs ist. Und wer ständig am Telefon hängt, will vielleicht im Urlaub einfach nur die Stille genießen. Wer aber auf der anderen Seite eine sehr anstrengende körperliche Arbeit hat, braucht eine körperliche Pause. Dann kann es der richtige Ausgleich sein, einfach im Garten oder am Strand in der Sonne zu liegen und nichts zu tun. Man sollte also schon während der Urlaubsplanung darauf achten, was man will und was der Körper braucht.


4. Auf die eigenen Bedürfnisse achten.
Das ist nicht immer einfach, gerade wenn man mit der Familie Urlaub macht, wo die Kinder meist im Vordergrund stehen. Trotzdem sollte man sich Freiräume schaffen, um die Dinge zu tun, die einem wichtig sind und die einem helfen, neue Energie zu tanken. Das sollte man mit dem Partner, der Familie oder den Freunden konkret absprechen, wenn man gemeinsam einen Urlaub macht. Man muss im Urlaub auch nicht alles minutengenau durchplanen, sondern kann den täglichen Launen folgen. Das heißt, dass es auch vollkommen ok ist, am Morgen zu beschließen, den geplanten Ausflug ausfallen zu lassen, weil er zu stressig ist und die Sonnenliege sehr viel reizvoller erscheint. Wer mit Partner, Familie oder Freunden unterwegs ist, sollte das natürlich entsprechend abklären und ggf. unterschiedliche Pläne und Aktivitäten machen. Singles haben es da einfacher. 

5. Den richtigen Urlaubsort wählen:
Für einige stellt sich dieses Problem in diesem Jahr gar nicht. Sie machen Urlaub zuhause im Garten oder auf Balkonien. Wer aber in den Urlaub fährt, sollte sein Reiseziel bewusst auswählen. Das heißt, man sollte einen Urlaubsort auswählen, an dem man am besten entspannen kann. Wer mit 25 Grad Außentemperatur schon Schwierigkeiten hat, sollte zum Beispiel nicht im Hochsommer nach Südfrankreich fahren. Und wer Ruhe braucht, für den ist der Ballermann oder die Partymeile auf Ibiza definitiv der falsche Urlaubsort. Auch über die Anreise sollte man sich dabei Gedanken machen. Wer Flugangst hat oder sich von Maskenpflicht und PCR-Tests gestresst fühlt, der sollte vielleicht in diesem Jahr auf eine Flugreise verzichten. Und nicht jeder sitzt gerne 20 Stunden im Auto, um doch noch etwas Mittelmeersonne abzubekommen. Man sollte sich also bewusst vorab Gedanken machen: Was will ich? Was kann ich? Und was ist wirklich gut für mich? Auch sollte man sich nicht stressen, wenn das Urlaubsfeeling nicht direkt am ersten Tag beginnt. Oft kann man die innere Anspannung nicht direkt abschütteln und braucht ein paar Tage. Den Stress loszulassen, wird schwieriger, je mehr man sich Sorgen darüber macht, dass man irgendwie doch nicht abschalten kann.

Urlaub Zuhause statt im Tropenparadies – das muss keine Enttäuschung sein

Nicht alle Urlaubsliebhaber fahren in diesem Jahr auch weg – weil sie Angst vor einer Ansteckung mit Corona haben oder die Krise sie finanziell getroffen hat und sie entsprechend nicht das Geld für einen ausgiebigen Urlaub haben. Das scheint zunächst enttäuschend zu sein, aber auch zuhause kann man einen schönen Urlaub haben, ohne sich zu langweilen. Auch hier gilt es, Abstand von der Arbeit zu nehmen. Nur weil man den Urlaub zuhause verbringt, heißt das nicht, dass man für die Arbeit erreichbar ist. Im Gegenteil: Gerade zuhause ist es wichtig, den Arbeitscomputer und das Arbeitshandy auszulassen, damit man nicht in die alten Arbeitsroutinen verfällt. Wer das ganze Jahr von zuhause gearbeitet hat, dem mag es schwerfallen, diese notwendige Distanz zur Arbeit aufzubauen. Deshalb sind klare Urlaubsregeln notwendig:

1. Weg von der Arbeit: Gibt es ein Büro, dann sollte man die Tür im Urlaub entsprechend zumachen. Ist der Arbeitsplatz im Schlafzimmer oder Wohnzimmer, dann ist das natürlich etwas schwieriger. Man sollte dann aber entsprechend alle Arbeitssachen wegräumen – zum Beispiel in eine Schublade, einen Ordner oder eine Box – und den Computer entsprechend auslassen. Auch der Terminkalender sollte außerhalb der Sichtweite sein, sonst wird man ständig daran erinnert, was nach dem Urlaub alles an Arbeit ansteht.

2. Das Abenteuer vor der Haustür finden:
„Kenn ich doch alles“, ist vielleicht die erste Reaktion auf einen Urlaub zuhause. Dabei müssen wir uns doch eigentlich eingestehen, dass wir die vielen Freizeitangebote vor der eigenen Haustür oft gar nicht wahrnehmen. Wer oft umgezogen ist, erinnert sich vielleicht noch daran, wie häufig man sich den Besuch in einem Museum oder einer Sehenswürdigkeit vorgenommen hat, und plötzlich zieht man in eine andere Stadt und ist noch immer nicht dort gewesen. Man hat es schlichtweg immer wieder aufgeschoben. Ein Urlaub zuhause ist eine gute Gelegenheit die eigene Stadt oder die Umgebung zu erkunden – sei es eine lange Wanderung durch den nächstgelegenen Naturpark, ein Museumsbesuch oder das lange aufgeschobene Picknick am Rhein.

3. Urlaubsfeeling in den eigenen vier Wänden:
Ausgefallene und exotische neue Gerichte, der Nachmittag mit Buch am Pool, ein Tag im Hotel-Spa – für viele gehört das im Urlaub genauso dazu, wie das Entdecken von Sehenswürdigkeiten. Zuhause kann man das natürlich nicht genauso erleben, aber man kann es im Kleinen nachmachen. Statt zu Kochen, kann man ausgehen oder Essen bestellen – oder man kauft ein neues Kochbuch, um endlich einmal neue Gerichte auszuprobieren. Wer gerne ins Spa geht, der kann sich statt Urlaub ein paar Luxus-Spa-Produkte gönnen und sich einen Tag Zeit für sich nehmen. Wer Kinder hat, sollte mit dem Partner solche Freiräume absprechen – oder ein Familien-Spa daraus machen, wenn die Kinder mitspielen. Oder wie wäre es alternativ mit einem Freiluft-Kino im eigenen Garten?

4. Etwas Neues ausprobieren:
Urlaub zuhause kann eine Chance sein, einmal etwas Neues auszuprobieren. Dafür muss man das eigene Haus oder die eigene Wohnung nicht einmal verlassen. Online finden sich viele Kurse – von Handwerkern und Schmuckherstellung, über Yoga und Pilates, hin zu Mal- oder Kochkursen. In vielen größeren Städten gibt es zudem oft Sommerkurse.

5. Zeit für Freunde und Familie:
Wer ständig im Arbeitsstress steckt, der hat oft keine Zeit, einmal in Ruhe etwas mit der Familie oder den Freunden zu erleben. Urlaub zuhause ist dafür ebenfalls die beste Gelegenheit, insbesondere wenn Freunde in der gleichen Situation stecken. Urlaub bietet Zeit für einen Abend im Biergarten, einen Brettspielabend, gemeinsame Radtouren… alles, worauf man Lust hat, was aber oft wegen mangelnder Zeit auf der Strecke bleibt. Grundsätzlich also gilt: Man sollte sich im Urlaub kleine Oasen abseits der normalen Alltagsroutinen schaffen und Dinge tun, die einem wichtig sind.

 

Unternehmen in der Pflicht: Klare Regeln für den Urlaub

Man kann sich das Abschalten vom Arbeitsalltag allerdings noch so viel vornehmen, wenn das Unternehmen nicht mitspielt, wird es kaum klappen. Wenn der Chef erwartet, dass die Mitarbeiter auch während des Urlaubs erreichbar sind, dann fällt es natürlich schwer, nein zu sagen. Dabei ist Erholung dringend notwendig, wenn man möchte, dass die Mitarbeiter effizient und erfolgreich arbeiten. Wie wichtig der Ausgleich zum Berufsstress ist, haben inzwischen viele Studien bestätigt. Daher sind auch Unternehmen gefragt. Sie sollten klare Urlaubsregeln erlassen, zum Beispiel was die Erreichbarkeit angeht. Muss man am Wochenende noch auf E-Mails antworten oder reicht es auch Montag? Wie geht man mit einer WhatsApp Nachricht des Kollegen im Urlaub um? Wenn Unternehmen da klare Vorgaben machen, hilft es den Mitarbeitern, ohne schlechtes Gewissen zu entspannen. Dazu gehören beispielsweise folgende Punkte:

1. Urlaub ist Urlaub: Unternehmen sollten klar machen, dass Emails und Anrufe am Wochenende und im Urlaub nicht akzeptabel sind. Das sollte mit allen kommuniziert werden, damit nicht irgendwer doch noch einmal schnell den Kollegen im Urlaub anruft… Darüber hinaus sollte es klare Regeln geben, was Notfälle angeht, in denen ein Kollege im Urlaub oder am Wochenende kontaktiert werden darf. Wer in den Urlaub geht, der sollte das mit einem positiven Gefühl tun. Gibt es klare Ansagen seitens der Führungsebene, dass eine Erreichbarkeit im Urlaub nicht erwartet wird, dann reduziert das den Erwartungsdruck und den damit verbundenen Stress.

2. Übergaben und Verantwortlichkeiten organisieren:
Wer in den Urlaub geht, muss seine Aufgaben zeitnah einem Kollegen übergeben. Verantwortlichkeiten und Urlaubsvertretungen sind von Seiten der Chefin oder des Chefs zu regeln, so das klar ist, wer wann für was zuständig ist.

3. Abwesenheitsnotiz: Abwesenheitsnotizen mit Urlaubszeit und den Kontakten der zuständigen Vertretung sollten Teil der Firmenpolitik sein.

* Wir legen Wert auf Gleichberechtigung und ein Miteinander auf Augenhöhe. Deshalb beziehen wir unsere Personenbezeichnungen, egal in welcher Schreibweise auf alle Geschlechter.