Romantische Beziehung am Arbeitsplatz

Ellen und Tom – erst Kollegen, dann Freunde, schließlich eine romantische Beziehung. Am Anfang läuft das alles gut, sie halten es aber zunächst vor den Kolleg*innen geheim. Es ist alles noch so neu und so frisch. Wochen vergehen, die ersten drei, dann vier Monate und Ellen stellt sich zunehmend die Frage: Sollten wir es vielleicht dem Chef sagen? Und ist das rechtlich eigentlich alles ok, schließlich ist Tom länger im Unternehmen und im unteren Management, allerdings in einer anderen Abteilung? Romantische Beziehungen am Arbeitsplatz sind voller Tücken, aber schließlich können wir uns nicht aussuchen wann, wo und in wen wir uns verlieben. Zudem verbringen die meisten Menschen einen Großteil ihres Tages mit Kolleg*innen und wer in eine neue Stadt zieht, der findet häufig unter Kolleg*innen den ersten Anschluss. Was also sind die Regeln für das Daten am Arbeitsplatz?

Bild 1: Paar in romantischer Situation

Anders als in den USA kann ein Arbeitgeber in Deutschland romantische Beziehungen am Arbeitsplatz nicht untersagen und derartige Klauseln in Arbeitsverträgen sind arbeitsrechtlich nicht zulässig. Niemand kann einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin kündigen, nur weil dieser oder diese eine Beziehung mit einer Kollegin oder einem Kollegen eingeht. So gibt es beispielsweise einen Gerichtsbeschluss von 2005, in dem das Gericht entschied, dass eine Regelung des Konzerns Walmart, die Beziehungen unter Kolleg*innen untersagte, in Deutschland nicht zulässig ist, da sie gegen das Persönlichkeitsrecht verstößt, das im Grundgesetz festgelegt ist.

Dennoch gibt es einige wichtige Richtlinien, wie man sich in solchen Fällen verhalten sollte, um Probleme zu vermeiden.

Den Chef oder die Personalabteilung informieren?

Grundsätzlich ist man in Deutschland nicht gezwungen eine romantische Beziehung am Arbeitsplatz der Führungsetage oder der Personalabteilung mitzuteilen. Gerade wenn es ein Machtgefälle zwischen den Partnern gibt – also zum Beispiel bei einer Beziehung zwischen einem Teammitglied und einer Person aus dem Führungsteam – kann es aber sinnvoll sein, diese Beziehung mit den Vorgesetzten und der Personalabteilung zu besprechen. Theoretisch ist es nämlich denkbar, dass die Person aus dem Führungsteam die Karriere der neuen Flamme heimlich befördert – oder falls die Beziehung schief geht, dem oder der Ex die Karriere verbaut. Auf der anderen Seite sieht sich das Teammitglied vielleicht dem Vorwurf anderer Kolleg*innen ausgesetzt, man schlafe sich nach oben. Völlig geheim halten lässt sich eine romantische Beziehung am Arbeitsplatz nämlich meist nicht.

Bleiben wir beim Beispiel von Ellen und Tom, denn es zeigt den schlimmstmöglichen Fall, der passieren kann. Nach Wochen der geheimen Treffen besteht Ellen darauf, dass sie eine richtige Beziehung möchte. Tom mach kurzerhand Schluss, liefert keine Erklärung. Wenig später geht er mit einer anderen Kollegin aus. Ellen hat nicht nur Liebeskummer, sondern steht vor einem weiteren Problem: Tom hat angefangen, sie bei anderen Kollegen schlecht zu machen, gibt ihre Arbeit als seine aus und setzt Ellen unter Druck, dass sie die vorherige Beziehung nicht öffentlich machen kann, da es ihrem Ruf schade. Tom ist erfahrener, Ellen noch recht jung und neu im Unternehmen. Das Mobbing wird schließlich so schlimm, dass Ellen kündigt und sich eine neue Stelle sucht. Tom ist noch immer im Unternehmen. Ellen hat bis heute Kontakt zu den ehemaligen Chefs, die ihre Leistung weiterhin anerkennen. Warum sie das Unternehmen verlassen hat, hat Ellen ihnen nie erklärt. Hätte Ellen die Vorgesetzten eingeschaltet, wäre die Situation wahrscheinlich anders ausgefallen, denn Tom hat hier seine Machtposition ausgenutzt, um Ellen aus dem Unternehmen zu mobben.

Besteht eine romantische Beziehung zwischen Partnern auf unterschiedlichen Hierarchieebenen, dann gelangt man zudem schnell in eine rechtliche Grauzone. Beförderungen oder Gehaltserhöhungen dürfen nicht an sexuelle Beziehungen geknüpft sein – und sie dürfen auch nicht den Anschein erwecken, dass das der Fall war. In größeren Konzernen kann dies zudem zu Problemen mit Complience- und Ethik-Richtlinien führen. Im Zweifelsfall wird es also notwendig sein, andere Personen mit in die Gehaltsentscheidungen oder Beförderungen einzubeziehen, um den Vorwurf einer Bevorteilung und die damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen zu vermeiden.

Vor lauter Romantik nicht die Arbeit im Unternehmen vernachlässigen

Wer frisch verliebt ist, der ist oft nicht ganz bei der Sache und abgelenkt. Man denkt an das Date am letzten Abend oder plant in Gedanken schon das nächste Treffen. Die Schmetterlinge im Bauch machen es schwierig, sich zu konzentrieren. Ist der neue Partner zugleich ein*e Kolleg*in, dann fällt es doppelt schwer, sich nicht ablenken zu lassen. Statt auf den Bildschirm zu schauen, starrt man den Kollegen oder die Kollegin so lange an, bis er oder sie auch vom Bildschirm aufschaut und einem zulächelt. Die Kaffeepause ist plötzlich auch länger als üblich und statt die Powerpoint-Präsentation durchzugehen, flirtet man und diskutiert Urlaubspläne. Hier gilt, wie in jeder anderen Situation, in der Mitarbeiter*innen mangelhafte Leistung bringen: Vorgesetzte können in diesem Fall die Mitarbeiter*innen abmahnen – nicht, weil sie verliebt sind, sondern weil sie die eigentliche Arbeit darüber vernachlässigen. Auch private Kommunikation und Liebesnachrichten via Dienst-E-Mail oder Diensthandy sind zu unterlassen und können zu einer Abmahnung führen.

 

Grundsätzlich gilt: Man sollte immer professionell bleiben und das offene Flirten mit dem Kollegen oder der Kollegin in die Freizeit schieben. Klar kann man sich zulächeln, aber man sollte nicht kichernd oder küssend in der Ecke stehen, statt zu arbeiten. Auch sollte man über die Beziehung nicht den Kontakt mit anderen Kolleg*innen vergessen. Es ist wichtig, sich auch mit anderen im Team zu unterhalten oder mit ihnen die Kaffeepause zu verbringen, um nicht den Anschluss an das restliche Team zu verlieren.

Ist eine Beziehung am Arbeitsplatz also grundsätzlich eine gute oder eine schlechte Idee?

Vorteile: Gemeinsame Interessen und viel Zeit zusammen

Menschen, die zusammenarbeiten, haben oft gemeinsame Interessen. Nehmen wir einmal an, dass man nicht durch Zufall oder durch äußeren Druck zum Beispiel von Seiten der Eltern, in einem Beruf gelandet ist, dann hat man diesen bewusst ausgewählt. Das heißt zwei Menschen, die zusammenarbeiten, teilen durch den Job bereits als ihr erstes gemeinsames Interesse. Partner, die im gleichen Unternehmen arbeiten, verbringen viel Zeit miteinander und haben nicht das Problem, dass sie sich nur wenige Stunden nach Feierabend und dann oft müde und ausgelaugt sehen. Eine romantische Beziehung am Arbeitsplatz heißt auch, dass man meist bereits einen Unterstützer auf seiner Seite an, jemandem, dem man vertraut und mit dem man über Probleme sprechen kann. Das kann emotional sehr hilfreich sein und kann bei der Stressbewältigung helfen. Auf der anderen Seite ist es aber doppelt frustrierend, wenn sich der Partner oder die Partnerin bei einer wichtigen Entscheidung auf die andere Seite schlägt. Das fühlt sich dann schnell nicht nach einer sachlichen Unternehmensentscheidung, sondern nach einem persönlichen Angriff an. Wer eine romantische Beziehung am Arbeitsplatz eingeht, sollte sich also entsprechend bemühen, klare Grenzen zwischen dem Privaten und dem Beruf zu ziehen und beispielsweise Konflikte aus dem Alltag zuhause möglichst nicht mit ins Büro bringen.

Nachteile: Keine Trennung von Privat- und Berufsleben und das Drama nach einer möglichen Trennung

Personen im Büro

 

 

Privatleben und Berufsleben neigen in unserer modernen Arbeitswelt ohnehin dazu, miteinander zu verschwimmen. Wenn man mit dem Partner zusammenarbeitet, dann ist das doppelt der Fall: Man spricht bei der Arbeit vielleicht über private Probleme oder kann nach der Arbeit nicht abschalten, weil man auch beim Abendbrot noch über den Job redet. Richtig problematisch wird es, wenn die Beziehung endet und man weiterhin zusammenarbeiten muss. Das ist emotional schwierig, vor allem, wenn die Trennung einseitig war. Innerhalb eines Teams kann das zu Spannungen führen – oder gar zu einer Spaltung des Teams, sollten sich die Kolleg*innen auf unterschiedliche Seiten schlagen.

Andere Aspekte, wie die Tuscheleien der Kolleg*innen, oder der Vorwurf, man würde sich nach oben schlafen, wenn man mit dem Chef ausgeht, haben wir bereits weiter oben angesprochen. Wer die Beziehung offen legt, der kann derartigen Gerüchten und Missverständnissen aber von Anfang an entgegenwirken. Wie offen man mit einer neuen Beziehung umgeht, hängt aber auch immer vom Betriebsklima ab: Ist das Arbeitsumfeld positiv und vertrauensvoll, dann ist ein offener Umgang mit der neuen Beziehung einfacher, als wenn das Verhältnis unter Kollegen von Neid, Missgunst oder fehlendem Vertrauen geprägt ist. Grundsätzlich sollte man also immer genau abwägen, wie diskret man mit der romantischen Beziehung am Arbeitsplatz umgeht. Eine Pauschallösung zur Konfliktvermeidung gibt es da nicht.

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