Chatikette –
Regeln für den Chat im Job

Donnerstagnachmittag, 14 Uhr, Katrin ist im Stress, denn bis 17 Uhr muss Sie eine wichtige Präsentation erstellen und nebenbei noch auf E-Mails von Kunden antworten. Ihr Unternehmen arbeitet im Hybridmodell, teils im Büro, teils zuhause, und hat auf den Dienstcomputern Microsoft Teams installiert. Über den Chat läuft inzwischen ein Großteil der internen Kommunikation, so gibt es einen Gruppenchat des gesamten Teams und auch Rückfragen von Kollegen laufen häufig über eine Chatnachricht, statt per E-Mail oder Telefon. Wegen der engen Deadline stellt Katrin ihren Status im Chat auf „nicht stören“, doch es  dauert keine fünf Minuten, bis eine Kollegin ihr eine Nachricht schickt. Es geht um ein gemeinsames Projekt und die Kollegin will nur mal kurz checken, dass alles läuft. Es ist nicht dringend und im Zeitplan auch erst für die Folgewoche eingeplant. Katrin reagiert nicht. Es dauert nicht lange, dann kommt die zweite Nachricht, die dritte, vierte und fünfte… ein anderer Kollege schickt ein lustiges Meme, das Katrin unbedingt sehen müsse. Katrin sieht sich schließlich gezwungen zu antworten und verschwendet wertvolle Zeit. Sie fühlt sich nun doppelt gestresst und frustriert, denn die aufblinkenden Nachrichten haben ihre Konzentration gestört. Am Ende des Tages muss sie eine halbe Stunde länger arbeiten, während die Kolleg*innen nach Hause gehen…

Katrins Kolleg*innen meinten das nicht böse, haben aber bereits gegen eine wichtige Regel verstoßen, die man im beruflichen Chat beachten sollte:

1. Status und die Erreichbarkeit der anderen Teammitglieder respektieren

Wir sind es Dank der Digitalisierung gewohnt, dass Menschen ständig erreichbar sind und Chats im Büroalltag bestärken diese Illusion. Es ist einfach, schnell und unkompliziert, den Kolleg*innen eine Nachricht zu schicken, Termine abzusprechen oder Dateien schnell über das Chatfenster auszutauschen. Man weiß dann auch gleich, ob der oder die Empfänger*in die Nachricht gesehen hat. Umso wichtiger ist es, dass allen Beteiligten die (persönlichen) Grenzen kennen. Ist jemand im Meeting, dann kann er oder sie nicht direkt antworten. Stellt ein*e Kolleg*in den Status auf „nicht stören“, dann geschieht das meist aus sehr gutem Grund und alle anderen Teammitglieder sollten das entsprechend beachten. Natürlich kann es immer mal Notfälle geben, die es notwendig machen, ein*e Kolleg*in strotz des „nicht stören“-Signals zu kontaktieren, doch sollte das die absolute Ausnahme sein. Nur so lässt eine gute und effiziente Arbeitsatmosphäre aufrechterhalten.

Das ist aber nur eine von vielen Verhaltensregeln, denen Mitarbeiter*innen und Vorgesetzte folgen sollten. Was aber gehört noch zu den „Chatikette“-Regeln, also der Etikette im Unternehmenschat? Wir haben ein paar der wichtigsten zusammengestellt.

2. Der Ton macht die Musik – was ist im Unternehmen der normale Umgangston?

Der Umgangston in Unternehmen ist sehr unterschiedlich, manche bleiben grundsätzlich beim Sie und sehr sachlich und professionell, in anderen Unternehmen gehen Mitarbeiter*innen und Vorgesetzte direkt zum Du über und Gespräche über das Wochenende, die Familie und persönliche Probleme oder Hobbies sind an der Tagesordnung. Das spiegelt sich auch im Chat wider und man sollte sein Verhalten und seinen Ton entsprechend daran anpassen. Lustige GIFs und Memes zu schicken, wenn der restliche Gruppenchat sich strikt auf Arbeitsfragen konzentriert, ist völlig unangemessen. Genauso unangebracht ist es aber, wenn im Unternehmen ein lockerer Umgangston herrscht, man selbst sich aber nur an Chats beteiligt, wenn man eine Frage zu einer Arbeitsaufgabe hat. Niemand ist gezwungen persönliche Details preiszugeben, doch sollte man nicht völlig streng, verbissen und distanziert sein, wenn der Rest der Kolleg*innen den Chat hin und wieder auch für das Gespräch in der Kaffeepause nutzt – ganz so wie man es vielleicht auch im Flur oder in der Tee- oder Kaffeeküche machen würde. Grundsätzlich aber gilt: Unangemessene Sprache oder Beleidigungen sind niemals akzeptabel.

3. Keine Nachrichtenflut oder Spam im Chat

Überlasten Sie die Kolleg*innen nicht mit einer Flut an Nachrichten. Ein Warnsignal kann es sein, wenn alle Kolleg*innen längst aufgehört haben, auf Nachrichten im Gruppenchat zu antworten, man selbst aber immer noch Nachricht über Nachricht über Nachricht sendet. Spam-Nachrichten sind nicht akzeptabel. Gerade in Chats, die über den engen Kollegenkreis hinausgehen, können auch die sonst akzeptablen privaten Chatnachrichten als Nachrichtenflut oder Spam empfunden werden. Beachten Sie also immer den Kontext, wenn Sie Chatnachrichten versenden.

4. Datensicherheit

Das Thema Datensicherheit ist in Chats von großer Bedeutung. Chats sind nicht sicher und man sollte daher immer besondere Vorsicht walten lassen, bevor man Telefonnummer, persönliche Daten und Adressen oder Passwörter teilt. Grundsätzlich sollte man Zugangsdaten – also Nutzername und Passwort – getrennt versenden und nicht über den gleichen Kanal. Selbst wenn man einen Nutzernamen und ein Passwort in unterschiedlichen Nachrichten verschickt, tauchen sie dennoch im gleichen Chat auf. Derartige Sicherheitsaspekte sollte man in Firmenchats unbedingt beachten.

5. Die Wahl des richtigen Kommunikationsmediums

Chats sind schnell und bequem, aber sie sind nicht immer das richtige Medium für alles. Das liegt unter anderem an ihrer Schnelllebigkeit. Zwar lassen sich Markierungen oder Lesezeichen für wichtige Nachrichten setzen, doch angesichts der Tatsache, dass in der Woche meist hunderte von Nachrichten zwischen Kolleg*innen hin und her gehen, verliert man schnell den Überblick. Wer hat schon Lust am Freitag zum Chatverlauf von Montag zu scrollen, um etwas zu finden, dass der Kollege oder die Kollegin geschickt hat. Dokumente oder Nachrichten, auf die Sie oder die Kolleg*innen noch einmal zurückgreifen müssen, sollte man also besser per E-Mail verschicken, da sich hier die Nachrichten leichter in entsprechende Ordner bewegen bzw. in Kategorien unterteilen lassen.

Darüber hinaus sollte man auch bedenken, dass per Text oder Chat oft nicht immer die volle Nachricht beim Empfänger ankommt. Körpersprache oder der Gesichtsausdruck sind wichtige Kommunikationsmittel. Wer zum Beispiel im Videocall etwas scherzhaft sagt, der hat dabei vielleicht ein Grinsen im Gesicht oder die Augen funkeln. Schickt man die gleiche Nachricht als Chatnachricht, wundert man sich plötzlich, warum die Kollegin oder der Kollege verärgert ist. Die konnten aber anhand des Textes allein nicht ablesen, dass die Nachricht nicht ernst, sondern witzig gemeint war. Derartige Missverständnisse passieren bei Textnachrichten extrem schnell. Das sollte man deshalb immer im Hinterkopf behalten, wenn man mit Kolleg*innen im Chat interagiert.

6. WhatsApp und Co – wenn der Berufschat ins Private übergeht

Chats während der Arbeitszeit sind das eine, WhatsApp Gruppen mit Kolleg*innen und Vorgesetzten oder Gruppenchats in anderen Messanger-Diensten schaffen aber noch einmal ganz neue Herausforderungen, insbesondere wenn sie über den privaten Account laufen. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Beruflichem und Privaten. Auch hier bedarf es daher entsprechender Regeln: geht es mehr um die sozialen Kontakte oder eher um die Arbeit? Auch sollte von vorneherein klar sein, dass keiner außerhalb der Arbeitszeiten eine Rückmeldung erwarten kann, wenn es im Chat um berufliche Fragen geht. Schickt der Chef oder die Chefin nach Feierabend eine Anfrage, dann sollte er oder sie nicht vor dem morgendlichen Arbeitsbeginn eine Antwort erwarten – Ausnahmen für Notfälle gibt es natürlich immer. Selbst wenn es im Chat nur um lustige Memes, Witze oder Gespräche unter Kolleg*innen geht, sollte man von den anderen Mitarbeiter*innen nicht erwarten, dass sie auch außerhalb der Arbeitszeit ständig verfügbar sind. Menschen haben auch ein Leben außerhalb des Berufs und das sollte man immer respektieren.

7. Neurodiversität und Inklusion

Als Unternehmen sollte man immer berücksichtigen, dass neurodiverse Menschen oder Menschen mit Behinderung andere Bedürfnisse haben und ggf. den Chat anders oder gar nicht nutzen. Wer beispielsweise eine Lese- und Schreibschwäche hat, der fühlt sich vielleicht nicht wohl, einen Textchat zu nutzen. Andere Menschen mit Neurodiversität fühlen sich von der ständigen Erreichbarkeit vielleicht überfordert. Zu einer guten Chatikette gehört es daher auch, auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Mitarbeiter*innen einzugehen und die internen Kommunikationswege gegebenenfalls anzupassen, um eine inklusive Arbeitsumgebung zu schaffen.

Zusammenfassung:
Chats brauchen klare Regeln

Grundsätzlich sollten Unternehmen ihren Mitarbeiter*innen – insbesondere Berufsanfängern und Neustartern – die grundlegenden Regeln mit an die Hand geben. Was ist gutes Verhalten im Chat? Was erwartet das Unternehmen und welche internen Richtlinien gibt es zum Beispiel hinsichtlich der Datensicherheit und des Dokumententransfers? Um Ärger und Missverständnisse unter Mitarbeiter*innen zu vermeiden, sollten alle die Chatikette-Regeln kennen. Darüber hinaus ist aber wie immer eine offene Kommunikation notwendig, bei der Mitarbeiter*innen ihre Idealvorstellungen über Chatverhalten und beispielsweise die Grenzen zwischen privater und beruflicher Kommunikation mit einbringen können. Je offener Unternehmen dies diskutieren, desto eher lassen sich Probleme vermeiden.

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