Ruhestand und Nachfolge im Management

Mann trägt einen Karton mit Unterlagen

Wer Mitten im Berufsleben steht, der denkt meist nicht über den oder die eigene Nachfolger*in nach. Warum auch? Doch wenn der Ruhestand einer Führungskraft erst einmal vor der Tür steht, ist es zu spät: Man sollte nie kurz auf knapp die Nachfolge regeln. Unternehmen sollten sich vielmehr rechtzeitig um die Nachfolgeplanung kümmern und – im besten Fall – Richtlinien bereitstellen, wie das Anlernen und die Übergabe auf verschiedenen Management- und Personalebenen ablaufen sollen. Gerade im Management ist dies wichtig, da hier die Informationen zusammenlaufen und wichtige Unternehmensentscheidungen getroffen werden, die die ganze Belegschaft betreffen. Übernimmt eine neue Person als Nachfolger*in eine Managementposition und wird ohne Schulung einfach ins kalte Wasser geworfen, dann hat das Konsequenzen für alle Unternehmensebenen und alle Mitarbeiter*innen. Auch Führungskräfte selbst sind hier gefragt, denn wer kann den Job besser erklären als die Person, die ihn gerade macht.

 

Ein weiterer Aspekt ist in der Nachfolgeplanung wichtig: Mitarbeiter*innen gewöhnen sich an Abläufe und den Führungsstil ihrer Vorgesetzten. Wird ein neues Führungsteam rechtzeitig eingearbeitet, dann kann das neue Management zum einen beobachten, wie Dinge bislang gemacht wurden. Mitarbeiter*innen auf der anderen Seite können den oder die Vorgesetze*n schon einmal kennenlernen und sich an den Führungsstil und die Persönlichkeit gewöhnen, während der alte Chef oder die alte Chefin eine Art Sicherheitsnetz bildet, in das man zurückfallen kann. Das macht es später einfacher einen neuen Führungsstil oder verbesserte Abläufe zu etablieren, denn der oder die neue Manager*in wirkt dann nicht mehr wie ein Fremdkörper, der versucht Neuerungen von außen überzustülpen.

Doch wie regelt man die Nachfolge im Management? Und welche Rolle sollte die Führungskraft dabei übernehmen, die in den Ruhestand geht? Folgende Aspekte sind wichtig:

1. Intern oder extern rekrutieren?

Das ist eine Basisentscheidung. Wo will man den Nachfolger oder die Nachfolgerin rekrutieren? Gibt es im Unternehmen bereits entsprechende Kandidat*innen, die sich für die Position eignen und daran auch Interesse haben? Dies kann die Übergabe vereinfachen, denn die Personen kennen das Unternehmen und das Team bereits, sind mit den Abläufen vertraut, kennen die Computersysteme, Kunden, Zulieferer etc. Studien haben gezeigt, dass die interne Nachfolgerekrutierung oft sehr viel erfolgreicher ist als die Rekrutierung Externer, die zu rund 60% das Unternehmen wieder verlassen.

Auf der anderen Seite kann es aber auch zu Problemen führen, intern zu rekrutieren, denn es entstehen so neue Dynamiken. Nicht jede*r Mitarbeiter*in kann damit umgehen, wenn der oder die Kolleg*in plötzlich zum Chef oder zur Chefin wird. Haben zwei oder mehr Personen Interesse am Job, dann kann sich diese ‚Rivalität‘ auch nach der Nachfolgeentscheidung auf das Verhältnis der Mitarbeiter*innen und auf die Stimmung im Team auswirken.

Externe Rekrutierung kann dabei helfen, neues Wissen und neue Dynamik ins Team zu bringen, sie ist außerdem notwendig, wenn man intern keine*n geeignete*n Kandidaten oder Kandidatin finden kann. Auch das bietet Vor- und Nachteile, denn externe Kandidat*innen müssen beispielsweise meist sehr viel intensiver in die bestehenden Abläufe und Strukturen eingearbeitet werden. Hier ist es besonders hilfreich, wenn der oder die Vorgänger*in noch im Unternehmen ist, und einen Teil der Schulungen übernehmen kann.

2. Der Zeitrahmen für die Nachfolge

Geeignete Nachfolger*innen findet man nicht über Nacht. Daher sollte man immer rechtzeitig einen Zeitrahmen für die Nachfolgeregelung definieren. Das kann fünf Jahre in die Zukunft sein oder ein paar Monate. Grundsätzlich sollten Unternehmen aber immer darauf vorbereitet sein, dass man sich ganz plötzlich um die Nachfolge im Management kümmern muss, weil beispielsweise eine Führungskraft gesundheitsbedingt ausfällt, einen Unfall hat oder aus familiären Gründen beschließt, früher in den Ruhestand zu gehen als ursprünglich geplant.

3. Fähigkeiten vs. Beziehungen

Gute Beziehungen unter Kolleg*innen und zwischen dem Team und der Führungsetage sind wichtig und machen die Arbeit für alle einfacher. Doch sollten Beziehungen nicht der entscheidende Faktor für die Nachfolgeregelung sein. Nur weil man sich mit einem Teammitglied gut versteht oder dieses persönliche Beziehungen zum Unternehmenseigentümer hat, macht diese gute Beziehung das Teammitglied nicht automatisch zu einer guten Führungskraft. Vielmehr sollte der Fokus auf Wissen und Fähigkeiten liegen. Bringt der oder die Kandidat*innen alle Voraussetzungen mit, um die Aufgaben erfolgreich zu erfüllen? Welche Erfahrung ist notwendig? Und was braucht es, um ein Unternehmen auch in der Zukunft erfolgreich zu führen? Nepotismus oder persönliche Vorzüge sollten keine Entscheidungsfaktoren für die Nachfolge sein.

4. Ausbildung vs. Erfahrung

Sicherlich sollten Führungskräfte eine gewisse fachliche Ausbildung mit sich bringen. Wer sich aber auf einen bestimmten Bildungsabschluss oder eine bestimmten Ausbildungsweg festschreibt und dies zur Basis für die Nachfolgeentscheidung macht, der lässt einen wichtigen Faktor außen vor: die Erfahrung. Gerade auf der Führungsebene ist diese oft wichtiger als die ursprüngliche Ausbildung oder der Universitätsabschluss. Machen wir einmal den Test. Wen halten Sie für den geeigneteren Kandidaten – den 32jährigen Jung-Manager mit Universitätsabschluss aber geringen Branchenkenntnissen oder die 45jährige Mitarbeiterin, die sich nach einer Berufsausbildung im Unternehmen hochgearbeitet hat, bereits seit 5 Jahren den Einkauf leitet und die Branche wie die eigene Westentasche kennt? Das ist vielleicht ein extremes Beispiel, zeigt aber, dass es bei der Nachfolgeregelung nicht allein um das Fachwissen oder den Bildungsstatus geht, sondern auch darum, welche Erfahrung Kandidat*innen in der Branche etc. mitbringen.

5. Rekrutierung und Schulung

Wer sich rechtzeitig um die Nachfolge kümmert, der hat die Chance jemanden speziell für den Job anzulernen. Gibt es beispielsweise ein Teammitglied, das großes Potential hat, bislang aber nicht die notwendigen Führungsfähigkeiten, dann gibt einem die frühzeitige Nachfolgesuche die Chance, diese Person über Wochen oder Monate entsprechend anzulernen. Das erlaubt es, das volle Potential von Mitarbeiter*innen auszuschöpfen und bindet Talente ans Unternehmen, die vielleicht noch nicht ganz bereit sind, eine Führungsposition zu übernehmen, die aber vielleicht in ein oder zwei Jahren entweder aufsteigen wollen – oder das Unternehmen verlassen. Interne Nachfolge und Schulungen zeigen Mitarbeiter*innen einen potenziellen Karriereweg im Unternehmen – und das motiviert.

Auch externe Rekrutierungen brauchen Schulung. Man sollte daher neben der eigentlichen Rekrutierung auch den Zeitrahmen berücksichtigen, der für diese Schulungen notwendig ist. Ein Beispiel: Ein paar Monate sind vielleicht ausreichend eine*n Nachfolger*in zu rekrutieren, doch sollte man immer einen Blick auf die internen Abläufe und Kenntnisse werfen, die notwendig sind, um den Job erfolgreich zu machen. Dann sollte man kalkulieren, wie lange es dauert, eine*n geeignete*n Kandidaten oder Kandidatin anzulernen. Das sollte ebenfalls in die Kalkulation eingehen. Darüber hinaus sollten Unternehmen beachten, dass man nicht immer sofort mit der Rekrutierung Glück hat. Man sollte also einen entsprechenden zeitlichen Puffer einplanen, sonst steht man gegebenenfalls vor dem Problem, dass man am Ende einen mittelmäßigen Kandidaten oder eine mittelmäßige Kandidat*in akzeptiert – nur weil man den Zeitdruck hat, die freiwerdenden Stelle dringend zu füllen.

Gräser auf einer Wiese

Unser Fazit: Unternehmen sollten immer einen Nachfolgeplan bereithalten, der die Jobanforderungen und das Stellenprofil umfasst. Darüber hinaus sollte man einen groben Zeitrahmen festlegen, der notwendig ist, um alle Schritte von der Rekrutierung über die Schulung bis hin zur eigentlichen Übergabe abzudecken. Wer intern rekrutiert, der sollte darüber hinaus in den Nachwuchs investieren und herausragende Teammitglieder als potenzielle Führungskräfte fördern.

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