Teamdynamik: Wenn einzelne die Unternehmenskultur ruinieren

Zwei Männer, der eine flüstert, der andere lauscht

Im Englischen gibt es die schöne Redewendung ‚one rotten apple spoils the whole bunch‘, ein fauler Apfel verdirbt den ganzen Haufen. Leider ist das auch bei Teamdynamiken in Unternehmen oft der Fall. Ein*e einzelne*r Mitarbeiter*in mit einer negativen Einstellung und dem entsprechenden Verhalten, kann schnell das gesamte Klima im Team verderben und sogar dafür sorgen, dass Mitarbeiter*innen das Unternehmen verlassen – weil sie die Stimmung im Team als negativ empfinden oder weil das ‚giftige‘ Teammitglied sie negativ gegen das Unternehmen beeinflusst hat.

Als Arbeitgeber wünscht man sich natürlich, dass die anderen Arbeitnehmer*innen das negative Verhalten ansprechen, vielleicht den Chef oder die Chefin informieren oder sich zumindest nicht davon beeindrucken lassen. Leider ist aber häufig das Gegenteil der Fall.

So hat eine Studie der gezeigt, dass sich selbst die ehrlichsten Mitarbeiter*innen zu Fehlverhalten hinreißen lassen, wenn sie mit unehrlichen Kolleg*innen zusammenarbeiten. Fehlverhalten ist ansteckend. Die im Harvard Business Review zitierte Studie hat sich das Verhalten von Finanzberatern in einem Unternehmen mit verschiedenen Niederlassungen angeschaut und dabei festgestellt, dass Finanzberater die Chancen für Fehlverhalten 37% höher liegen, wenn sie mit neuen Kolleg*innen zusammenarbeiten, die bereits vorher durch Fehlverhalten aufgefallen sind.

Peer-Effekt

Tatsächlich scheint es laut der Studie so zu sein, dass es für Mitarbeiter*innen einfacher ist, schlechtes Verhalten zu übernehmen, statt die negativen Kolleg*innen zu besserem Verhalten zu animieren. Das schlechte Verhalten eines einzelnen überträgt sich auf den Rest. Man spricht hier auch vom sogenannten Peer-Effekt, der die vielleicht bis dahin vollkommen gesunde und gute Unternehmenskultur zerstören kann.

Ähnliche Ergebnisse hat eine Studie der University of Washington gezeigt. Die ‚faulen Äpfel‘ im Team wirkten wie ein Virus, der sich ausbreitet. Einer der führenden Forscher der Studie wurde durch Erlebnisse seiner Frau inspiriert, das Phänomen genauer zu untersuchen. Die Partnerin des Forschers berichtete nämlich von der schlechten und unfreundlichen Stimmung im Unternehmen, die sich plötzlich änderte, als ein besonders unfreundlicher Kollege, der sich ständig über andere lustig machte, aufgrund einer Krankheit für mehrere Tage ausfiel. Plötzlich waren die Kolleg*innen hilfsbereit und gingen nach der Arbeit noch gemeinsam aus. Das war vorher unmöglich gewesen. Die folgende Studie verglich daraufhin verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen über das Verhalten von Teams und wie schlechte Teammitglieder deren Struktur zerstören können. Negative Teammitglieder definierten die Forscher dabei als Personen, die nicht den notwendigen Anteil an der Arbeit leisten, ständig unglücklich oder emotional instabil sind oder andere mobben und angreifen. Dabei stellten auch diese Forscher fest, dass ein*e einzelne*r Mitarbeiter*in mit einem derartigen Verhalten eine Abwärtsspirale innerhalb des Unternehmens auslösen kann. Kleinere Gruppen oder Organisationseinheiten sind davon oft stärker betroffen, weil es eine häufigere Interaktion zwischen allen Teammitgliedern gibt.

Den eigenen Arbeitgeber schlecht reden – das kann rechtliche Konsequenzen haben

Nicht selten stehen Unternehmen vor einem weiteren Problemfall: Ein*e Mitarbeiter*in ist unzufrieden – egal ob berechtigt oder unberechtigt – und statt nach einer Lösung oder einem neuen Job zu suchen, beginnt er oder sie den eigenen Arbeitgeber bei den Kolleg*innen schlecht zu reden. Vielleicht wird das sogar nach außen kommuniziert. Selbst Kleinigkeiten werden aufgegriffen und aufgebläht, jedes noch so kleine Problem der Kolleg*innen groß geredet. Wir sprechen hier nicht von berechtigter Kritik am Arbeitgeber oder dem Druck den Arbeitnehmer*innen manchmal aufbauen müssen, um positive Änderungen im Unternehmen durchzusetzen, sondern schlichtweg von negativer Stimmungsmache.

Das kann nicht nur die Teamdynamik zerstören, sondern kann im Zweifelsfall sogar arbeitsrechtliche Konsequenzen haben, insbesondere, wenn es in den Bereich der üblen Nachrede geht. Darunter versteht man Äußerungen oder ein Verhalten, das einer anderen Person schaden soll (§186 im Strafgesetzbuch), indem man eine falsche Tatsache behauptet oder verbreitet. ‚Tatsache‘ ist hier ein wichtiger Begriff. Es reicht also nicht, zu sagen ‚ich hasse meinen Job‘, wer aber beispielsweise öffentlich behauptet, das Unternehmen sei ohnehin pleite, obwohl das nicht stimmt, kann sich strafbar machen. Das betrifft auch die üble Nachrede über andere Kolleg*innen. Verbreitet man Lügen und der oder die Kolleg*in verpasst dadurch eine Beförderung, dann kann das ebenfalls rechtliche Konsequenzen haben, sollte ein*e Betroffene*r klagen.

Verliert man seinen Job, weil man eine üble Nachrede über Kolleg*innen oder das Unternehmen verbreitet hat, dann hat man auch vor dem Arbeitsgericht schlechte Karten, versucht man gegen den alten Arbeitgeber auf Wiedereinstellung zu klagen. Das haben mehrere Gerichtsfälle gezeigt.

Übrigens machen sich auch Unternehmen und Chef*innen strafbar, sollten Sie unwahre und rufschädigende Tatsachen über eine*n ehemalige*n Mitarbeiter*in verbreiten.

Eine Collage mit Bildern unglücklich aussehender Menschen

Rechtzeitig entgegensteuern – aber wie?

Zurück zu den ‚faulen Äpfeln‘ im Team: Viele Unternehmen sind auf derartige Konflikte nicht vorbereiten, insbesondere wenn das negativ agierende Teammitglied schon lange im Unternehmen ist oder sich gar in einer Machtposition befindet. Mitarbeiter*innen reagieren oft auf drei Arten auf ein negatives Teammitglied. So sehen sie sich vielleicht zur Intervention gezwungen, das heißt sie sprechen das schlechte Verhalten an und bitten den Kollegen oder die Kollegin sich zu ändern. Falls das nicht gelingt, dann hilft oft nur eine klare Zurückweisung. Beides bedeutet aber, dass sich die beiden Teammitglieder auf Augenhöhe befinden und es kein Machtgefälle gibt, bei dem der ‚verdorbene Apfel‘ eine Machtposition innehat. Haben Mitarbeiter*innen keine Chance sich gegen die negativen Kräfte im Team durchzusetzen, dann führt das meist sehr schnell zu Frustration, abwehrendem Verhalten, Ablenkung und mangelnder Motivation. Im schlimmsten Fall kann es damit enden, dass sich andere Teammitglieder sozial zurückziehen oder regelrechte Angst- und Stresszustände entwickeln.

Das stellt selbstverständlich auch Manager*innen vor Probleme – wenn sie nicht gar selbst das Problem sind – denn sie müssen rechtzeitig erkennen, dass ein*e Mitarbeiter*in negativen Einfluss auf den Rest des Teams hat und dann entgegensteuern. Doch schon beim Recruiting sollten Unternehmen Vorsicht walten lassen und sich die Referenzen genau anschauen. Nicht allein der Lebenslauf sollte entscheiden, sondern auch die sozialen Fähigkeiten und ob jemand ins Teamgefüge passt. Einige Unternehmen sind inzwischen dazu übergegangen Persönlichkeitstests zu machen und fokussieren auf die Big Five im B5TÒ Persönlichkeitstest, also die fünf grundlegenden Persönlichkeitsdimensionen Neurotizismus (N), Extraversion (E), Gewissenhaftigkeit (C), Verträglichkeit (A) und Offenheit (O). Darüber hinaus schaut der Test auf drei Grundmotive, nämlich das Leistungsmotiv (LM), das Machtmotiv (MM) und das Sicherheitsmotiv (SM). Das soll ausschließen, dass zukünftige Mitarbeiter*innen Persönlichkeitsmerkmale haben, die sie zu schlechten Teamplayern oder gar zu einem negativen Einfluss im Unternehmen machen.

Zu verstehen, wie eine Unternehmenskultur funktioniert, welche Rolle einzelne Mitarbeiter*innen spielen und wie sich der Peer-Effekt auf die Gesamtheit des Teams auswirkt, ist ein wichtiger Schritt für Manager*innen und Personaler. Denn wer die ersten Anzeichen erkennt, kann entgegensteuern, bevor es zu spät ist und beispielsweise das Team neu zusammensetzen oder – im schlimmsten Fall – eine Kündigung aussprechen.

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