Gehaltsvergleich: Das kann auch körperlich weh tun

Zwei Personen mit Laptop und durch die Luft wirbelnden Geldscheinen

Ist der eigene Gehaltsvergleich nicht zufriedenstellend? Chronische Schmerzen betreffen rund 40% der Menschen in Deutschland. Ungleicher Lohn und Stress können dazu beitragen. Wir schauen uns die Ursachen für Einkommensunterschiede an.

Es ist eine mehr als frustrierende Situation! Man arbeitet, bringt Leistung, ist genauso gut oder besser als die Kolleg*innen im gleichen Job und dann lernt man plötzlich: Andere Arbeitnehmer*innen in der Branche verdienen mehr als man selbst. Solch eine Erkenntnis kann nicht nur dem eigenen Selbstbewusstsein schaden und zu Frustration im Job führen. Vielmehr kann der damit verbundene Stress der psychischen und körperlichen Gesundheit kurz- und langfristig schaden. Das zumindest ist die Erkenntnis einer Studie der City University of London von 2023, über die der Business Insider berichtete. Schauen wir uns das daher einmal genauer an.

Londoner Studie: Gehaltsvergleich kann psychisch und körperlich weh tun.

Die Forscherin und Psychologin Dr. Lucía Macchia untersuchte dieses Phänomen bei Menschen weltweit, sowohl in entwickelten, wie auch weniger entwickelten Ländern. Die Studie basiert auf Daten des World Gallup Poll (GWP) der Jahre 2009 – 2018 und bezieht die Antworten von rund 1,3 Millionen Erwachsenen aus 146 Ländern mit ein. Die Befragten beantworteten, was ihr monatliches Haushaltseinkommen ist, geteilt durch die Anzahl der Haushaltsmitglieder, um das persönliche Einkommen festzulegen. Ergänzend wurde ihnen die Frage gestellt, ob sie am Tag vor der Befragung irgendwelche körperlichen Schmerzen hatten. Schmerz ist dabei definiert als das Gefühl, dass der Körper weh tut, ohne dass tatsächlich eine Verletzung vorliegt. Darunter fallen zum Beispiel chronische Schmerzen. Basierend auf den Befragungsdaten entwickelten die Forscher ein lineares Regressionsmodell. Vereinfacht gesprochen versucht eine lineare Regressionsanalyse durch ein statistisches Verfahren eine abhängige Variable durch mehrere andere unabhängige Variablen zu erklären. Die theoretische Grundlage für die Studie liegt in der relativen Deprivation. Diese Theorie geht davon aus, dass das Verhalten von Individuen stark von der Erfahrung von Benachteiligung und Ausgrenzung geprägt ist.

Studienergebnis: Körperliche Schmerzen aufgrund von einkommensbedingtem Stress

Das Ergebnis der Analyse: Je weniger jemand in Relation zu der Vergleichsgruppe verdient, desto mehr verspürten die Befragten körperliche Schmerzen. Wenn man einen Gehaltsvergleich mit Kolleg*innen macht und der eigenen Berufsgruppe vergleicht, kann das negative Gefühle auslösen, wenn man selbst unter dem Einkommensdurchschnitt liegt. Diese negativen Emotionen können dann durch den anhaltenden Stress sogar zu körperlichen Schmerzen führen. Bei geringeren Einkommensgruppen ist dieses Risiko vergleichsweise erhöht.

Was die genaue Ursache ist, ist allerdings nicht eindeutig geklärt. Es kann mit dem Gefühl zusammenhängen, dass man im Vergleich mit den Kolleg*innen zu kurz kommt und des wohlverdienten Einkommens beraubt wird. Auch das Ansehen in der Gesellschaft und soziale Mobilität mögen dabei eine Rolle spielen. Neid, Frust und Enttäuschung sind Stressfaktoren und hält dieser Stress über einen längeren Zeitraum an, weil man in der beruflichen Situation gefangen ist, dann kann das zu psychosomatischen Schmerzen und chronischen Erkrankungen führen.

Chronische Schmerzen als Gesellschaftsproblem

Chronische Schmerzen haben sich seit Jahren zu einem gesellschaftlichen Problem entwickelt. Sie beeinflussen das Privatleben der Betroffenen, ebenso wie ihre Produktivität bei der Arbeit. Chronische Erkrankungen erhöhen zudem die Kosten für das öffentliche Gesundheitssystem und die Krankenkassen. Es ist somit ein allgemeingesellschaftlichen Problem, das nicht nur die unter chronischen Schmerzen leidenden negativ beeinflusst. Dementsprechend groß ist – oder sollte – das Interesse sein, chronischen Schmerzen und ihren Ursachen auf den Grund zu gehen.

40 Prozent der Deutschen haben eine chronische Erkrankung

In Deutschland leiden derzeit rund 40 Prozent der Menschen unter einer chronischen Krankheit, bei Frauen liegt die Quote bei 43 Prozent, bei Männern bei 38 Prozent. In der Altersgruppe 65+ liegen diese Prozentsätze deutlich höher. Als chronische Krankheiten gelten all diejenigen, die andauernd sind und nicht vollständig geheilt werden können. Eine eindeutige Definition für chronische Krankheiten gibt es aber nicht. Einige von ihnen sind offensichtlich, andere unsichtbar, was das Leben für die Betroffenen schwer machen kann, da sie beispielsweise gezwungen sind, ständige Abwesenheit vom Beruf zu erklären. Sie sehen ja nicht krank aus, haben aber beispielsweise so starke Schmerzen oder Erschöpfungszustände, dass sie das Bett an manchen Tagen nicht verlassen können. Manche sind lebenslang auf medizinische Betreuung angewiesen.

Zu den in Deutschland am meisten verbreiteten chronischen Krankheiten gehören Diabetes, Asthma, Allergien, Depressionen, muskuloskelettale Erkrankungen und Rheuma. Auch Krebserkrankungen fallen in diese Kategorie. Chronische Erkrankungen entwickeln sich meist schleichend und können über eine lange Zeit unbemerkt bleiben. Laut Robert Koch Institut gehören chronische Erkrankungen zu den gesundheitsökonomisch bedeutendsten Gesundheitsproblemen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) führt zwei von drei Todesfällen auf chronische Erkrankungen zurück. Viele treten dabei erst im Erwachsenenalter auf. Auslöser können dabei neben mangelnder Bewegung, der Ernährung oder Risikofaktoren wie Rauchen, auch psychische, wirtschaftliche und soziale Probleme sein. Das ist seit langem bekannt. Und genau hier setzte die zitierte Studie an und erbrachte den Nachweis, wie Einkommensstress die Gesundheit negativ beeinflussen kann.

Ungleichheit beim Lohn: Das sind die Ursachen

Einkommensunterschiede sind nicht selten – und in manchen Fällen berechtigt. Wer schon lange in einem Unternehmen tätig und bereits älter ist, wird mehr verdienen als jüngere Kolleg*innen, selbst wenn sie theoretisch den gleichen Abschluss und den gleichen Jobtitel haben. Darüber hinaus spielen weitere Faktoren eine Rolle:

  • Wirtschaftliche Lage: Wer eine neue Position in einer schlechten wirtschaftlichen Lage angetreten hat, der verdient oft weniger als Kolleg*innen in der gleichen Branche, die den Job in der Hochkonjunktur oder im wachsenden Fachkräftemangel angetreten haben.
  • Verhandlungsfähigkeit: Wer sich bei Gehaltsverhandlungen gut schlägt, der verdient mehr als jemand, der sich gleich mit dem ersten Angebot zufriedengibt.
  • Gender-Pay-Gap: Frauen verdienen meist noch immer weniger als Männer im gleichen Beruf – und im Allgemeinen über Berufsgruppen hinweg. Die Antidiskriminierungsstelle hat dies genauer aufgelistet und erklärt.
  • Unternehmensgröße: Oft lässt sich in großen multinationalen Konzernen mehr Geld verdienen – das Budget für Personal ist größer. Dafür bringen Familienbetriebe andere Vorteile mit sich, wie beispielsweise eine bessere Einbindung in Entscheidungsprozesse.
Mehrere Stapel mit Münzen und Figuren darauf

Gehaltsvergleich – aber wie?

Wer sich unsicher ist, was er oder sie in der eigenen Branche verdienen sollte, der kann sich im Internet mit einem Gehaltsvergleich Rat suchen. Das Statistische Bundesamt bietet beispielsweise einen Überblick über das Einkommen nach Branchen, sowie ergänzende Informationen zum Gehalt in Deutschland generell. Auch das Jobportal Stepstone gibt jährlich einen Gehaltsreport heraus. Wer sich ein gerechtes Einkommen genauer berechnen möchte, kann dafür den Gehaltsvergleichsrechner des Statistischen Bundesamtes nutzen. Der bezieht über 9 Fragen verschiedene Aspekte wie den Berufstitel, die Branche, das Alter, den Bildungsabschluss und die Größe des Unternehmens mit ein. Darauf basierend wird dann ein zu erwartender Bruttolohn berechnet. Der Rechner macht dabei auch einen Unterschied zwischen Frauen und Männern, da, wie bereits erwähnt, in vielen Branchen noch immer eine Einkommensungleichheit herrscht.

Was tun gegen Lohnungerechtigkeit?

Test gemacht und ein unbefriedigendes Ergebnis? Das ist keine Seltenheit. Einkommensstress und Ungerechtigkeit bei Löhnen ist kein Problem, das man einfach ignorieren kann, will man dafür sorgen, dass Arbeitnehmer*innen dem Arbeitsmarkt lange erhalten bleiben. Zum einen ist dies ein gesellschaftliches Problem, das sich zum Beispiel durch Tariflöhne und gleiches Gehalt für gleiche Arbeit lösen lassen.

Stellt jemand selbst fest, dass er oder sie trotz gleichwertiger Arbeit weniger verdient, als andere im Unternehmen oder in der Branche, dann sollte man dies nicht einfach schweigend hinnehmen und statt dessen mit den Vorgesetzten darüber sprechen. Stößt man dort auf taube Ohren, kann ein Wechsel in ein anderes Unternehmen angemessen sein. In vielen Branchen herrscht derzeit bereits Fachkräftemangel, was die Konkurrenz um die besten Köpfe erhöht. Das gibt Bewerber*innen und Arbeitnehmer*innen einen gewisse Macht, was die Gehaltsverhandlungen angeht. Ist man sich nicht sicher, ob die eigene Branche gute Chancen bietet, oder wie man am besten einen Jobwechsel anfängt, dann kann man sich Hilfe bei entsprechenden Recruitern holen, die den Markt und offene Stellen kennen.

Fazit: Wer dauerhaft darunter leidet, dass die Bezahlung nicht stimmt und das geringere Gehalt nicht durch andere Benefits wie flexible Arbeit oder mehr Urlaub wettgemacht wird, der sollte dies nicht einfach hinnehmen. Dauerhafte Unzufriedenheit führt zu Stress – und der riskiert nicht nur das mentale Wohlbefinden, sondern auch die körperliche Gesundheit. Wer sich unsicher ist, wo er im Gehaltsvergleich liegt, sollte sich genauer informieren und schauen, ob es Möglichkeiten gibt, die Einkommenslage zu verbessern – durch Gehaltsverhandlungen oder einen Job- oder gar Branchenwechsel.

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