Generationenkonflikt am Arbeitsplatz?

Familie mit Hund im Schnee
Kein Generationenkonflikt bei den Werten: Alle Generationen wünschen sich heute eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder Freizeit

Immer wieder geistert das Schlagwort durch die Medien: der Generationenkonflikt. Die Babyboomer auf der einen Seite, Millennials und Generation X und  Z auf der anderen. Doch was ist da wirklich dran? Und sind die Generationen wirklich so unterschiedlich, dass sie nicht miteinander auskommen? Oder können sie vielmehr im Arbeitsleben voneinander lernen und sich gegenseitig ergänzen?

Comedians auf TikTok und Youtube wie @champagnecruze oder @fishbowlapp haben viel Spaß dabei, die Unterschiede zwischen den Generationen zu karikieren. Am Abend noch länger arbeiten? Generation X muss die Kinder abholen, für die junge Generation Y kommt das grundsätzlich nicht in Frage und die Boomer sind meist schon im Ruhestand. Nur die Generation der Millennials hat nie gelernt, nein zu sagen und bleibt natürlich länger. So sagt es das Klischee, auf das die Satiriker anspielen.

Im wirklichen Leben sind die Unterschiede im Arbeitsleben aber gar nicht so groß, wie das oft dargestellt wird. So hat beispielsweise die World Value Survey festgestellt, dass Arbeitnehmer*innen heute eine bessere Work-Life-Balance wünschen. Und das über alle Generationen hinweg. Darüber hinaus sollte man immer bedenken, dass Generationen nicht homogen sind. Nicht jedes Mitglied einer Generation hat die gleichen Vorstellungen und Lebenserfahrungen. Insbesondere die Gruppe der jüngeren Arbeitnehmer*innen ist sehr divers.

Darüber hinaus wurden die Grenzen zwischen den Generationen recht willkürlich gezogen. Ein Versuch, die unterschiedlichen Lebenserfahrungen und soziopolitischen Gegebenheiten greifbar zu machen. Dabei trafen Sozialwissenschaftler die folgende Einteilung:

Die Babyboomer

Generationen Timeline head for work

Die Nachkriegsgeneration erhielt aufgrund der hohen Geburtenrate den Namen Babyboomer. In Deutschland galten die Jahre 1955 bis 1969 als die geburtenreichsten Jahrgänge. Allgemein gelten international aber die Jahrgänge 1949 bis 1965 als die Babyboomer-Generation. Der Geburtenreichtum hatte Konsequenzen, als die damals junge Generation in den Arbeitsmarkt eintrat: Sie musste sich entsprechend gegen eine große Konkurrenz durchsetzen. Dennoch sehen Soziologen die Babyboomer als eine Gewinnergeneration. Trotz beispielsweise des Ölpreisschocks in den 1970ern und des kalten Krieges erlebten sie selbst meist keine wirtschaftliche Unsicherheit und konnten beispielweise zu recht erschwinglichen Preisen ein Eigenheim erwerben. Viele Boomer waren in den 1980ern zudem in der Studenten- oder Umweltbewegung aktiv, sind also durchaus politisch sozialisiert.

Generation X

Darunter zusammengefasst sind die Geburtengänge 1965 bis 1980, auch wenn diese Jahresgrenzen nicht allgemein akzeptiert sind. Die Generation X profitierte einerseits vom Wirtschaftswunder, erlebte aber auch die ersten wirtschaftlichen Krisen. Die Generation X stellt in Deutschland die größte Bevölkerungsgruppe dar. Grundsätzlich hat diese Generation ein hohes Bildungsniveau und ist technikaffin – schließlich erlebten sie die rasanten technischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte hautnah. Darüber hinaus gelten Mitglieder der Generation X als konsumorientiert und sie haben ein starkes Sicherheitsbedürfnis. Nicht selten wird ihnen nachgesagt, sie seien Workaholics.

Die Millennials

Die Millennials oder Generation Y werden auch häufig als die Generation Praktikum bezeichnet. Sie hatten ähnlich wie die Babyboomer beim Einstieg in den Arbeitsmarkt mit einer großen Konkurrenz zu kämpfen. Millennials umfasst die Jahrgänge 1981 bis 1996, sie sind die Kinder der Babyboomer oder älterer Mitglieder der Generation X. Es ist die erste Generation, die mit dem Internet und sozialen Netzwerken groß wurde. Sie gelten daher auch als die erste wirklich globale Generation. Millennials sind meist gut gebildet und technikaffin. Sie arbeiten aber lieber in Teams und waren unter den ersten, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Freizeit einforderten. Sie verkörpern damit einen Wertewandel in der Gesellschaft.

Die neue Arbeitnehmergeneration Z

Die Generation Z ist nach 1997 geboren und ist somit die jüngste Generation im Arbeitsmarkt. Es gibt allerdings keine genaue Definition, wo die Generation beginnt und aufhört. Für sie spielen Werte bei der Wahl des Arbeitgebers eine große Rolle und sie wollen sich mit ihrem Arbeitgeber identifizieren. Darüber hinaus ist für sie die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben wichtig. Sie suchen nach Herausforderungen und gehen davon aus, dass ein Job nicht nur zum Geldverdienen da ist, er soll sie auch glücklich machen. Der Fachkräftemangel ermöglicht es der Generation Z in einigen Branchen bei der Jobwahl wählerisch zu sein. Das versetzt sie in eine Machtposition gegenüber den Arbeitgeber*innen.

Generationen am Laptop

Generationenvergleich: Mehr gemeinsam als gedacht?​

Der Vergleich zwischen diesen Generationen ist nicht ganz einfach. Ein Ansatz ist die Shell Jugendstudie, die untersucht, wie die 18 bis 25-Jährigen in Deutschland aufwachsen. Das erlaubt darüber hinaus den Vergleich mit vorangegangenen Jahrgängen. Dies sagt allerdings wenig darüber aus, wie gut die Generationen am Arbeitsplatz trotz Unterschieden und Gemeinsamkeiten dann zusammenarbeiten. Darüber gibt es tatsächlich nur wenige Untersuchungen.

Die R+V Versicherung hat allerdings eine Generationenstudie erstellt. In dieser werden die Generation Z mit den Babyboomern verglichen und dabei unter anderem die Frage gestellt ‚Ist der Generationenkonflikt nur ein Klischee?‘. Die Studie kommt dabei zu dem Schluss, dass der Generationenkonflikt vor allem ein Wahrnehmungskonflikt ist: „Tatsächlich empfinden zwei Drittel der befragten Personen aus der Generation Z das Verhältnis zwischen jungen und älteren Menschen in Deutschland als eher angespannt. Auch 56 Prozent der befragten Babyboomer empfinden so“, heißt es im Bericht von 2022.

Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung spielen dabei eine große Rolle. So unterstellen sich Babyboomer und Generation Z gegenseitig, dass sie nur auf den eigenen Vorteil bedacht seien. Die Babyboomer sehen sich selbst beispielweise als pflichtbewusster und fleißiger, als sie von der Generation Z wahrgenommen werden. Umgekehrt ist das ähnlich: „Die Generation Z hält sich selbst für toleranter, sozial engagierter, kreativer und fleißiger/ehrgeiziger als sie von den Befragten der Babyboomer-Generation wahrgenommen wird.“ Hier zeigt sich also eine klare Differenz in der Selbst- und Fremdwahrnehmung. Der Generationenkonflikt ist also oft ein Wahrnehmungskonflikt.

Was vielleicht überrascht ist, dass es zwischen Babyboomern und Menschen der Generation Z tatsächlich eine hohe Übereinstimmung der Werte und ihrer Rangfolge gibt. Wenn die Generation Z dabei vielleicht andere Werte in den Vordergrund stellt, hängt das unter anderem mit dem Alter und der Lebensphase zusammen. Wer am Anfang der Karriere steht oder gerade eine Familie gründet, der hat natürlich andere Prioritäten, als Erwerbstätige, die langsam auf die Rente zuschreiten.

Die richtige Balance im Unternehmen​

Unternehmen sollten also nicht verzweifelt davon ausgehen, dass Mitarbeiter*innen aufgrund unüberwindlicher Generationenkonflikte nicht miteinander auskommen werden. Sie sollten gezielt die Gemeinsamkeiten suchen und fördern. Wo überschneiden sich die Werte und wo lassen sich Lebenserfahrung und die Ideen einer neuen Generation miteinander verbinden? Statt sich auf potenzielle Konflikte zu konzentrieren, die zugegebenermaßen in den Medien oft befeuert werden, geht es in Unternehmen darum eine Kultur und Arbeitsatmosphäre zu schaffen, die den Bedürfnissen aller Altersgruppen und individuellen Ansprüche gerecht wird. Denn natürlich kann man ohnehin nicht alle Mitglieder einer Generation über einen Kamm scheren. Was ist in der Tat schon der Unterschied zwischen jemanden, der 1980 geboren ist, und jemandem der 1981 geboren ist? Beide sind in der gleichen Sozialisation und Gesellschaft groß geworden, gehören in der Theorie aber jeweils einer anderen Generation an.

Konkret heißt es: Manager*innen sollten eine inklusive Teamkultur schaffen und ressourcenorientiert führen. Sie sollten regelmäßig mit dem Team kommunizieren, um die Bedürfnisse der einzelnen kennenzulernen, statt sich an Klischees festzuhalten. Sie sollten sich immer bewusst sein, dass die besten Lösungen, individuelle Lösungen sind.

* Wir legen Wert auf Gleichberechtigung und ein Miteinander auf Augenhöhe. Deshalb beziehen wir unsere Personenbezeichnungen, egal in welcher Schreibweise auf alle Geschlechter.